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Kreuzfahrt in Gefahr

Aktualisiert: 19. Nov. 2023

Endlich geht es los Richtung Paradies. Von Antalya begonnen lautet der Zielhafen Port Victoria auf den Seychellen. Doch der Weg dorthin bietet einige Gefahren.


Der Halt in Israel wurde aufgrund der aktuellen Situation bereits im Vorfeld der Reise abgesagt. Dennoch steht die Fahrt durch den Suezkanal sowie ein zweitägiger Aufenthalt in Aqaba, Jordanien, an. (Kurze Geografie-Nachhilfe: Der Suezkanal führt durch Ägypten & Jordanien, gegrenzt an Israel. Alles aktuell relativ brenzlig…) Außerdem kommst du durch ein Piraten-Gebiet, was die Bord-Security Überstunden schieben lässt. Was also eher wie ein Computerspiel mit verschiedenen Leveln klingt, ist bittere Realität.


Die Einfahrt in den Suezkanal sollte in der Nacht stattfinden. Als du aber kurz nach 7 Uhr aufs offene Deck kommst, um dir die Friedensbrücke anzuschauen, hat sich das Schiff noch nicht vom Fleck bewegt. Dabei hast du dir extra einen frühen Wecker gestellt, denn an Seetagen beginnt dein Arbeitstag in der Regel erst um 9 Uhr. Verwirrung macht sich breit, bis der Kapitän in seiner Durchsage lediglich von einer Verspätung der Einfahrt spricht. Im Kanal selbst herrscht „Einbahnstraße“, daher muss erst auf die ausfahrenden Schiffe gewartet werden.

Verzögerungen sind daher nicht ungewöhnlich. In diesem Fall ist es tatsächlich sogar ziemlich praktisch, denn so kannst du dir die Passage bei Tageslicht anschauen. Die Landschaft zieht dicht an dir vorbei, auf einer Seite grünes Land und auf der anderen karge Wüste. Über dieses Erlebnis bist du sehr dankbar und freust dich, dass die Durchfahrt störungsfrei verläuft, trotz der Tatsache, dass sich hier irgendwo ein Atom-U-Boot befinden soll.


Die verspätete Einfahrt hat wohl auch keinen Einfluss auf die Ankunft in Jordanien und so heißt das nächste Ziel immer noch Aqaba. Du kannst deswegen seit Tagen nicht richtig schlafen, hast Angst vor diesem Hafen, bist unruhig und ziemlich angespannt. Die Distanz zum Gaza Streifen beträgt von Petra, der Felsenstadt, antikem Weltwunder und Hauptausflugsziel, ungefähr 300 Kilometer. Die Grenze zu Israel von Aqaba aus wenige Kilometer.. Trotzdem werden alle Vorbereitungen für diesen Hafen getroffen, die Ausflüge bereits fast ausgebucht. Du machst Feierabend und willst ins Bett gehen, da die Tage dort lang und anstrengend werden. Frisch aus der Dusche kommend, schaust du auf dein Handy. Eure Team-WhatsApp-Gruppe glüht. Aqaba ist abgesagt! Kurz darauf folgt die Durchsage des Kapitäns auch in den Crewbereich. Vor Erleichterung rollen dir Tränen übers Gesicht. Also Schlafanzug aus, ab in die Crewbar, eine Flasche Sekt kaufen und anstoßen.

Du triffst auf viele traurige Kollegen, die gern dorthin gefahren wären. Doch dich macht heute nichts mehr traurig. Dein letzter Besuch in Petra hast du nämlich in nicht ganz so guter Erinnerung. Für viele wäre es jedoch das erste Mal dort gewesen..


Am nächsten Tag erfährst du den Grund der Umroutung. Kurz vor eurem Anlauf erfolgte ein Drohnenangriff auf eine Schule im israelischen Nachbarort von Aqaba: 15(!) Kilometer von eurem Liegeplatz entfernt. Zum Glück wurde niemand verletzt. Nun heißt es zwei extra Tage auf See und ein neues Programm auf die Beine stellen. Der nächste Hafen, Salalah im Oman, wird also einen Tag früher angesteuert und auf den Seychellen gibt es noch eine weitere Insel, vor der das Schiff dann einen Tag früher auf Reede liegen wird. Viel Wirbel, viele Fragen, viele ungeduldige Gäste. Seetage bringen die Gäste wegen der vielen freien Zeit auf verrückte Gedanken, sodass du gefühlte tausend Mal am Ausflugsschalter die gleiche Auskunft geben musst. Aber das ist eben der Job.


Gerade sitzt du mit deiner Kollegin am Schreibtisch, um den neuen Hafen vorzubereiten. Da geht der Alarm los. Feuer in der Sauna. Na super! Das auch noch. Auf Habachtstellung wartest du bis endlich die Entwarnung kommt. Die Bord-Feuerwehrmänner sind zum Glück Profis in ihrem Job, und so wurde alles ohne große Gefahr schnell wieder gelöscht. Wäre jetzt auch noch die Sauna am Seetag nicht nutzbar… du magst gar nicht an die Beschwerden darüber denken! Ironie aus.


Die Seetage gehen dahin, bis du eines morgens in absoluter Stille aufwachst. Völlige Ruhe gibt es auf einem Schiff nicht. Bevor du das aber so wirklich realisiert hast, meldet sich der Kapitän und berichtet von einem vollständigen Stromausfall. Man werde nun den Fehler suchen und schnellstmöglich beheben. Nun gut, du genießt kurz die Ruhe und die herumdümpelnden Schiffsbewegungen. In der Kabine nebenan wohnt allerdings der Sicherheitsoffizier und daher hörst du auch sein Funkgerät: Rauchentwicklung im Maschinenraum, aber keine offene Flamme. Juhu! Zum Glück kommt die Entwarnung als du aufstehen musst und so kannst du dich bei Licht anstatt der Notbeleuchtung startklar für den Tag machen. Es läuft also alles wieder!


Ein kurzer Nebensatz: Diese Vorfälle sind auf einem Schiff im Rahmen der Möglichkeit. Daher wird die zuständige Besatzung regelmäßig auf solche Ereignisse trainiert.😉 es hat sich auf deiner Reise nur gerade etwas gehäuft…


Vor dem Halt im Oman bist du dann wieder sehr nervös. Fremde Kultur, strenge Kleiderordnung und englischsprachige Reiseleitungen. Doch du hast den absoluten Jackpot: Eine Geländewagentour durch die Region Dhofar mit Fahrt durch die Wüste.

Die Gäste verteilst du auf zehn Jeeps und nimmst selbst Platz im Auto des Guides. Ohne Gäste! Nur du und Ahmed, für sechs Stunden. Anfangs hast du etwas Bammel, es stellt sich aber relativ schnell raus, dass dies ein Glücksfall ist. Der Reiseleiter erklärt dir während der ersten halben Stunde viel über das Land und du machst dir viele Notizen, damit du es den Gästen beim nächsten Stopp näher bringen kannst. Die erste Pause ist die Toilettenpause.








Nur sind die Klos im Orient… anders. Es ist quasi ein Loch im Boden mit Metalleinlassung und Wasserschlauch anstatt Klopapier. Leider fallen dir hier deine Notizen in eben dieses Loch. Ahmed hat in der Zwischenzeit ein kleines Frühstück für

euch besorgt und bei Apfeltasche und Orangensaft setzt ihr die Fahrt Richtung Wüste fort. Ihr versteht euch immer besser, tauscht euch über eure verschiedenen Kulturen aus und habt am Ende des Tages sogar Running Gags. Als du das erste Kamel siehst, bist du völlig aus dem Häuschen. Für ihn ist es normal. Er erzählt dir, dass die Familien dort viel größer sind und er bereits sechs Kinder hat mit seinen 38 Jahren. Außerdem spricht er davon, dass es gesetzlich erlaubt ist, mehrere Frauen zu haben. „Viel zu anstrengend, oder?“, winkst du ab, er hat aber auch nur eine. Kurz vor eurem Fotostopp an der Sanddüne werdet ihr wieder ernst und er sagt: „Kümmere dich auch um dich, nicht nur um die Gäste!“ Diesen Rat versuchst du dir zu Herzen zu nehmen und genießt den Ausblick auf endlose Weiten aus Sand. Einmalig schön!

Nach dem Mittagessen, bei dem er dir die extra große Portion reicht (die du wegen der Hitze leider nie im Leben geschafft hast), macht ihr noch einen kurzen Halt bei einer Herde Kamele.

Über diese Tiere weißt du jetzt Dank Ahmed unglaublich viel. Nach dem letzten Stopp an den Weihrauchfeldern (die Wichtigkeit dieser Pflanze ist für dich leider immer noch nicht ganz einleuchtend) geht es zurück zum Schiff.


Du hast viel gelacht, gelernt und bist unendlich dankbar für so einen schönen Tag. Manchmal fühlt sich eben auch Arbeit ein wenig an wie Urlaub.


Nun folgen wieder ein Paar Seetage. Das nächste Ziel heißt dann: Seychellen!



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