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AutorenbildMaike Traveller

Traumjob: Schildkrötenwärterin auf La Digue

Nun bist du nach knapp 2 Monaten im Paradies und insgesamt über 4 ½ Monaten an Bord wieder zuhause. Endlich Zeit, das Erlebte Revue passieren zu lassen. 4 ½ Monate voll schöner Momente, aber auch gefüllt mit viel Arbeit und einigen Höhen und Tiefen.



 

Der erste Hafen im indischen Ozean ist durch die Umroutung Praslin auf den Seychellen, bevor es weiter zur Hauptinsel Mahé geht. So erreicht ihr nach weiteren endlosen Seetagen endlich die zweitgrößte Insel der Seychellen als erstes Kreuzfahrtschiff eurer Reederei. Als du am frühen Morgen an der Reling stehst, kannst du dein Glück kaum fassen. Du bist im Paradies. Die von Granitgestein gesäumte Insel ist einmalig schön.

Krux ist, es gibt hier keinen großen Kreuzfahrthafen wie auf der Hauptinsel Mahé. Das bedeutet für die Gäste und dich: Tendern. Also vor der Küste ankern und dann mit den etwas komfortableren Rettungsbooten (Tenderbooten) an Land übersetzen. Da dies jedes Mal mit Verzögerungen und Wartezeiten einhergeht, bist du sowieso auf einen stressigen Tag gefasst. Und so soll es auch kommen. Die Koordination zwischen den Bootsfahrern und die Verteilung der Gäste auf die Ausflugsbusse lief, sagen wir, schwierig. Plötzlich standen dort mehrere 100 Menschen auf der Pier und suchten nach ihrem Ausflugsbus bzw. -boot. Mit Mühe und Not konntet ihr der Menge Herr werden. Du bist heilfroh, als du selbst in deinem Ausflugsbus sitzt. Deine erste Tour des Tages ist eine Rundfahrt mit Strandaufenthalt auf Praslin. Wunderschön und einzigartig, doch der Tag sollte noch schöner werden. Nach dieser ersten Tour ging es am Mittag mit der Fähre rüber nach La Digue. Zusammen mit einigen hundert Gästen, die alle große Sorge hatten, nicht mit in einen der offenen Trucks zu kommen und sich in lauter Panik so dicht an den engen Einstieg eben jener Fahrzeuge quetschten, dass einer der Gäste gerade rücklings wieder hinunterfiel. Sprachlos warfst du deiner Kollegin einen irritierten Blick zu, den sie genauso erwiderte. Glücklicherweise ist nichts Schlimmeres passiert. Generell als kleines Zwischenfazit bleibt dir der Eindruck, dass sich Menschen lange nicht mehr so danebenbenommen haben, wie in deiner Zeit hier an Bord im indischen Ozean. Vielleicht ist es die Sonne oder der hohe Reisepreis in Kombination mit der Angst, zu kurz zu kommen, du weißt es nicht. Aber so ein unverschämtes Verhalten von Gästen gegenüber anderen Gästen oder der Crew hast du bist dahin noch nicht erlebt. Kaum zu glauben, bei einer so unglaublich schönen Kulisse.



Zurück nach La Digue: Nach einer kurzen Fahrt in den offenen Trucks, in denen, wer hätte es gedacht, doch jeder mitgekommen ist, kommst du zum L’Union Estate, einem ehemaligen Landgut. Hier triffst du zum ersten Mal auf Riesenschildkröten. Ein kleiner Traum wird war, denn diese Tiere sind wie ihre kleinen Artgenossen, von denen du ein russisches Exemplar zuhause hast, sehr zutraulich und ebenso verfressen. Sie lassen sich ganz entspannt den Hals streicheln und sich Blätter und Gräser vor den Schnabel halten, um diese genüsslich zu verspeisen. Du kannst dich kaum von diesen wunderbaren Geschöpfen trennen, aber es stehen noch weitere Sehenswürdigkeiten auf der heutigen Agenda. Also geht es weiter zum Anse Source d’Argent. Und das ist wirklich das schönste Stückchen Erde, was du in deinem Leben bisher gesehen hast. Wie in einer Filmkulisse liegt dieser von riesigen Granitsteinen gesäumte Strand da – unwirklich, surreal, wie aus einer anderen Welt. Aber alles das hier ist echt! Die besten Postkartenfotografen mussten hier nur die wahre Schönheit der Natur ablichten, ein sehr einfacher Job. Du traust deinen Augen nicht und kannst gar nicht aufhören zu strahlen. Es steht fest: Du musst hier hin auswandern!


Keine Frage, dann wirst du Schildkrötenwärterin auf La Digue und führst Gäste zu diesem traumhaften Ort.


Auf dem Rückweg zur Fähre müssen dich deine Kolleginnen fast von der Insel tragen, weil du hier einfach nicht weg möchtest. Du schwörst dir, auf jeden Fall nochmal wieder zu kommen. Leider wird es während dieses Einsatzes nicht mehr geschehen.

Aber es warten noch viele weitere schöne Ziele auf dich: dein Einsatz führt dich insgesamt fünf Mal für jeweils zwei Tage auf die Seychellen. So hast du genügend Zeit diese Inselrepublik bestehend aus etwa 115 Inseln ausgiebig kennenzulernen. Sollte man meinen, aber als du Mitte Januar von hier aus deinen Rückflug antrittst, hast du immer noch das Gefühl nur einen Bruchteil dieses Fleckchen Erde gesehen zu haben. Außerdem wird immer deutlicher, dass deine Reisezeit hier mitten in die Regenzeit fällt. Und so fallen auch immer mehr Ausflüge, die du begleitest, wortwörtlich ins Wasser. In der privaten Strandanlage von Cap Lazare beispielsweise hätten dir fünf Stunden in traumhafter Kulisse zur Verfügung gestanden, aber es regnet ungefähr vier Stunden davon in Strömen. Dennoch sind deine Gäste bester Laune, was vermutlich an der hervorragenden Strandbar liegt. Der gute Takamaka Rum der Seychellen hat wohl bisher immer geholfen. Außerdem bietet auch dieses Gelände ein Schildkrötengehege.

Beim Öffnen des Tores macht sich hier sogleich das erste Exemplar langsam, aber zielstrebig in die Freiheit auf und davon und ist gar nicht so einfach wieder zurück ins Gehege zu lotsen.

Schließlich wiegt so eine ausgewachsene Schildkröte mehr als 200 kg. Und die bewegt sich nun mal dorthin, wo sie möchte. Daher beschließt ein Teil der Gruppe zunächst weiter durch die weitläufige Anlage zu spazieren bis hin zu einem beeindruckenden Aussichtspunkt. Auch hier ist die Küste gesäumt von den typischen Granitsteinen und der Blick paradiesisch schön, trotz Regen. Auf dem Rückweg wird dann der ausgebrochene Kamerad Schildkröte mit viel Locken durch verschiedene Gräser und Blätter wieder zurück ins Gehege gelenkt und das Tor wieder verschlossen.



Immerhin ein Hauch von Freiheit für den Kumpel heute. Dein persönliches Highlight dieses Tages ist wieder mal eine ausgiebige Kraul-Einheit mit einem seiner Artgenossen, der bereits beim ersten Berühren am Kopf seinen Hals genüsslich ausstreckte, ihn an deiner Hand schmiegend ablegte. Sowas schönes wirst du nie vergessen und die Trennung fällt dir auch hier umso schwerer.

 

Auf einer weiteren Tour geht es mit dem Glasbodenboot zum St. Anne Marinepark. Du warst noch nie ein Fan dieser Fortbewegungsmittel, denn Glasbodenboote bedeuten meist nur eins: Enttäuschung. Denn oft haben die Menschen, die so eine Tour machen, keine Lust auf Schnorcheln, möchten aber dennoch die Unterwasserwelt sehen und kommen mit riesigen Erwartungen auf diese Boote. Häufig hat man hier allerdings schlechte oder gar keine Sicht, da man hier lediglich durch eine Glasscheibe ins Meer schaut. Es ist eben kein Schnorcheln! Nachdem ihr hier allerdings glücklicherweise ein paar blauweiß gestreifte Fische und einige Korallen gesichtet habt, werdet ihr mit einem Schlauchboot auf die unbewohnte Insel Moyenne übergesetzt. Auf dieser Insel angekommen, machst du dich sofort auf den Weg. Denn es gibt hier einen Pfad rund um das Eiland, auf dem es einiges zu entdecken gilt.




Während der Rest deiner Gruppe es sich am kleinen Strand gemütlich macht, willst du Moyenne auf jeden Fall erkunden, denn auch hier leben Schildkröten! Die kleinen Jungtiere findest du bereits nach wenigen Metern in einer Schutzstation, in der sie versorgt werden. Aber kleine Schildkröten kennst du ja schon zu genüge, daher gehst du schnell weiter. Dadurch, dass sich nur wenige Menschen gleichzeitig auf dieser Insel befinden, fühlst du dich wie eine Entdeckerin à la Christoph Kolumbus von vor über hunderten von Jahren (Nein, Christoph Kolumbus war nie auf den Seychellen, aber das war gerade der beste Name für den Vergleich). Du kommst an drei Grabsteinen vorbei, unter denen der ehemalige Besitzer sowie unbekannte Piraten beerdigt worden seien sollen. Da der Legende nach auf dieser Insel ein Schatz liegen soll, war es ein sehr beliebtes Angriffsziel für eben solche Seeräuber. Den einzigen Schatz, den du auf dieser Insel ausmachen konntest, war die einzigartige Stille kombiniert mit dem Getose des Meeres, dass auf die auch hier liegenden Granitfelsen schellt, die fantastische Aussicht, die Menschenleere und die Schildkröten. Die größeren Exemplare werden hier nummeriert und so läufst du ein Stück mit Nr. 46 den Weg entlang und genießt die Einsamkeit jede Sekunde. Dein ganz persönlicher Schatz inmitten der Hektik des Alltags an Bord. Wenn nur die hohe Luftfeuchtigkeit nicht wäre, denn nach deiner Rundtour bist du klitschnass geschwitzt. Das ist allerdings gar nicht schlimm, denn spätestens auf der kurzen Schlauchbootfahrt zurück zum Glasbodenboot wäre es mit dem Trockensein passé gewesen. Denn durch den Wellengang und die Geschwindigkeit schwappte doch die ein oder andere Welle ins kleine Boot und die zischende Gischt tat ihr übriges. Sehr zum Leidwesen eines Gastes, die sich sehr lautstark darüber echauffierte, so etwas nicht gebucht zu haben. Ja ja, die lieben Gäste und Bootsausflüge. Immer wieder ein Kollidieren von Vorstellung und Realität, aber

dazu zu einem späteren Zeitpunkt mehr.

  

Dein letztes Highlight der Seychellen ist die Insel Curieuse. Auch hier leben unzählige Schildkröten unter Schutz. Der Weg hierher führt dich mit dem Katamaran vorbei an weiteren unberührten Inseln und wunderschönen kleinen Buchten. Auf der Insel angekommen erwarten dich viele deiner gepanzerten Freunde, die dort frei umherlaufen. Eigentlich laufen sie weniger, sie verbringen den Tag eher grasfressend oder dösend. Dennoch sind auch diese Tiere sehr an Menschen gewöhnt, sodass du auch hier ganz viele Schildkröten-Selfies sammeln konntest. Zwei dieser Exemplare ließen sich überhaupt nicht stören und hielten lautstark röhrend, aber in Zeitlupe ihr eindrucksvolles Liebesspiel direkt am Strand ab. In kürzester Zeit waren sie umringt einer Traube von Menschen, die das Spektakel mit ihren Kameras filmten. Ganz schön bizarr das Ganze.

Du hast außerdem aus deinem Luftfeuchtigkeits-Spaziergang in voller Uniform gelernt und trägst daher auf dieser Katamaran-Tour nur dein auf La Digue gekauftes Strandtuch über deinem Bikini. Zum Glück, denn so kannst du nach dem Starkregen-Schauer, in dem du bis auf die Knochen nass wirst, deine trockene Uniform überwerfen und musst nicht den restlichen Tag in nassen Klamotten verbringen. Die Klimaanlage auf der Fährfahrt zurück nach Mahé ist trotzdem sehr erkältungsfreundlich eingestellt und pustet gefühlte Eisluft in den Passagierbereich.

 

Die Veränderung des Klimas während der Regenzeit wird dir am Strand von Beau Vallon besonders deutlich. Je nach Wetterlage und Windstärke findest du hier entweder einen Kilometer langen Sandstrand vor oder ein tosendes Meer, das direkt bis an die Baumgrenze reicht und den Strand völlig überschwemmt. Zum Glück hast du Gelegenheit bei deinem Aufenthalt hier eine anliegende Hotelanlage zu nutzen und so springst du bei rauer Flut nicht ins Meer, sondern in den Pool. Auf den gepolsterten Liegen lässt es sich hier außerdem viel besser aushalten.

 

So gerne hättest du noch viel mehr Zeit auf diesem wunderschönen Fleckchen Erde verbracht, auf dem neben verschmusten gepanzerten Vierbeinern auch überwiegend weltoffene und herzliche Menschen leben. Du bist sehr dankbar für jeden Moment und sicher, dass es dich irgendwann wieder hierher zurückbringt. Denn wenn alle Stricke reißen, wirst du eben Schildkrötenpflegerin auf La Digue. 😉



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