Nach 80 Tagen verlässt du zum letzten Mal das Schiff der Firma mit den vier Großbuchstaben. Hinter dir liegt eine aufregende Zeit mit vielen neuen Häfen und Eindrücken, die dir keiner mehr nehmen kann.
In Aberdeen sollst du zum ersten Mal schottischen Boden betreten. Der Hafen, gerade fertig gestellt, soll nun groß genug sein, für Schiffe eurer Größe. Doch das Wetter hat andere Pläne. Nach mehrfachem Versuch mit Hilfe zweier Schlepper, welche das komplette Schiff zum Beben bringt, muss der Anlegeversuch abgebrochen werden. Und obwohl der Bürgermeister euch eigentlich mit großem Trara und medialem Interesse empfangen wollte, heißt es nun „Tendern“. Das bedeutet, der Anker wird an einer geeigneten Stelle heruntergelassen und die Gäste mit den schiffseigenen Beibooten an Land gebracht. Durch den Wind könnt ihr eure Tenderposition allerdings nur weit entfernt vom Hafen halten und die Wellen machen die Überfahrt mit den Tenderbooten zu einer Achterbahnfahrt. Noch nie hast du vor allem Kinder so schnell wortwörtlich grün werden sehen.
Dazu kommt, dass ein Tenderboot mit Motorschaden ausfällt. Das führt zu enormen Wartezeiten und viele Gäste sind sehr ungehalten. Frust auf allen Seiten. Mit viel Verspätung schaffst du es dennoch an Land. Für dich geht es nach Balmoral, dein absolutes Wunschziel als geheimer Royal-Fan.

Deine erste Fahrt durch die schottischen Highlands fasziniert dich sofort und die Atmosphäre der Schlossanlage Queen Elizabeths ll zieht dich sofort in ihren Bann. Im Anschluss geht es noch ins kleine Örtchen Ballater, wo du dich wie in einer Filmkulisse aus längst vergangener Zeit fühlst. Also hat dieser schwierige Tag doch noch ein Happy End.
Dann fahrt ihr endlich Richtung Island. Darauf fieberst du schon seit du an Bord bist hin. In Reyjkjavík bleibt ihr eineinhalb Tage. Den ersten Nachmittag kannst du mit deinem besten Freund nutzen, um ein eigenartiges Ziel anzusteuern. Denn in der Hauptstadt Islands gibt es das weltweit einzige Phallus-Museum der Welt. Eine scheinbar witzige Idee entpuppt sich allerdings recht schnell zu einer doch relativ skurrilen Angelegenheit, denn diese Ausstellung zeigt alle möglichen abgetrennten Phallusse oder heißen die Phalli (?!), vielleicht Penisse (?) inklusive Hoden jeglicher Art, Form und Größe, von Ente über Wal bis zum Menschen, eingelegt in Reagenzgläsern.

Anfangs wundert ihr euch noch über den Kommentar der Kassiererin, dass ihr euch wenigstens die Fun-Facts der Infotafeln durchlesen solltet. Dann wird euch schnell bewusst wieso. Dezent angeekelt schaut ihr euch die Ausstellungsexemplare an und habt nicht das Bedürfnis sehr lange in diesem Museum zu verweilen. Eine interessante Erfahrung reicher gönnt ihr euch im Anschluss einen sehr guten Burger und ein großes Bier. Immerhin um eine witzige Anekdote reicher – das wars schon wert!
Am nächsten Tag machst du dich auf deine erste Allrad-Tour in Island. Als das riesige Gefährt mit noch größeren Reifen auf den Parkplatz fährt, freust du dich wie eine Schneekönigin. Mit wenigen Gästen geht es heute in die Natur rundum Reykjavík. Durch die Beschaffenheit des Fahrzeuges fahrt ihr über Geröll auf einen Berg am Rande der Stadt und genießt die fantastische Aussicht. Leider ist der Rest des Ausflugs aufgrund einer Straßensperrung weniger spektakulär, sodass ihr nur noch auf den Hauptstraßen unterwegs sein könnt. Trotzdem bekommst du einen guten Eindruck in die isländische Natur. Wohin du auch blickst, überall brodelt und dampft es aus der Erde. Die Isländer nutzen diese Quellen zur Energiegewinnung oder für die Warmwasserversorgung. Bei einem Halt an einer Schwefelquelle wird dir dann aber doch dezent übel vom Geruch nach faulen Eiern.
In Akureyri erwartet dich dann aber das ultimative Offroad Erlebnis. Zusammen mit einem Begleitfahrzeug geht es auf eine Tages-Tour durch das verschneite Hinterland. Dein Fahrer ist super kommunikativ und erzählt dir und den Gästen viel über die Landschaft. Bis ihr von der bereits verschneiten Straße abbiegt und direkt in den Schnee eintaucht. Erst am Tag zuvor hat der Fahrer und sein Kollege diese Route für die Tour vorbereitet, aber die Schneeverwehungen lassen die Spur schnell wieder verschwinden. Ihr kämpft euch mal schnell und mal langsam durch den Tiefschnee.
Du fragst dich fast wozu, als der Fahrer bewusst anhält und euch aussteigen lässt. Von dort geht es noch gute 100 Meter bergab. Der Begleiter hat bereits Stufen in den Schnee gehauen und so stapft ihr den vorbereiteten Weg hinunter. Eure Mühe wird belohnt, denn es erwartet euch ein fantastischer Wasserfall! Völlig außer Atem musst du diese Umgebung erstmal auf dich wirken lassen.

Im Anschluss geht es mit einigen Verzögerungen und Abschleppaktionen weiter Richtung Lavafeld. Bei frischem Saibling und leckeren Kartoffeln verarbeitet ihr diesen ersten Teil der Tour. Doch der Tag ist noch längst nicht vorbei. Nach dem Essen geht es weiter Richtung erloschener Vulkankrater-Kette. Der Schnee ist dort teilweise so frisch, dass die Fahrzeuge nur sehr schwierig vorwärtskommen und sich oft gegenseitig freischleppen müssen. Am Ende der Kraterkette macht ihr Halt und kraxelt durch den Schnee den kleinen Vulkan hinauf. Von dort habt ihr eine atemberaubende Aussicht über die Schneelandschaft.
Der Wind pfeift und lässt dich die Natur noch deutlicher spüren. Dein hyperaktiver Fahrer wird nun ganz hibbelig und beginnt in den großen Abhang zu hüpfen. Manche Gäste folgen ihm und auch du wirst erst unfreiwillig durch einen leichten Schubs seinerseits und dann mit riesiger Freude und einem Sprung sanft im Tiefschnee landen. Ein einmaliges Erlebnis!
Auf dem Rückweg habt ihr euch schon fast an die regelmäßigen Bergungsaktionen gewöhnt und gebt schon ganz großspurig Tipps, wie man es denn jetzt am besten anstellen solle. Am Ende macht ihr noch einen Halt beim Wasserfall der Götter.


Mit euren großen Fahrzeugen seid ihr natürlich der absolute Hingucker, sodass sich der Kollege auch noch dazu verleiten lässt ein paar Runden über den Asphalt zu driften. Natürlich mit euch im Auto. Am Ende des Tages kannst du sagen, dass dieser Tag wirklich zu einem der schönsten in deiner Karriere zählt.
Leider war Akureyri nun auch der letzte Hafen in Island, aber dieses Land mit seinem rauen Charme hat dich sehr beeindruckt. Wenn es nicht so teuer wäre, würdest du hier sofort nochmal länger herkommen, denn hier ist alles „Next Level“ und eine Spur krasser, so ganz abgelegen vom Rest der Welt. Außerdem hast du das Gefühl, die richtigen Highlights wie Geysire und warme Quellen verpasst zu haben. Also steht Island nun weiterhin auf deiner Liste der Topreiseländer!
Anschließend wieder nach Norwegen zu fahren, hat für dich was von Nach-Hause-Kommen. Du beschließt, die nächsten Wochen ganz unter dem Motto „Wandern“ zu verbringen und markierst die Wanderausflüge mit Herzchen in eurer Wunschliste. So erlebst du die Natur Norwegens auf besondere Art. Deine Wanderschuhe haben dich schon um die halbe Welt begleitet und auch hier dienen sie dir als nützliche Begleiter. Jede Wanderung ist anders, aber vor allem in Norwegen eins: Bergauf. Das bist du als Flachland-Pflanze gar nicht gewohnt und so bringt dich deine erste Tour dieses Jahr hinauf zur Himakånå-Felsformation doch ordentlich aus der Puste.
Wandern in Großbritannien hingegen ist dann doch eher ein anspruchsvollerer Spaziergang. Dort ist der Wind an der Küste die größte Herausforderung.
Da die Häfen Scrabster und Invergordon nicht weit voneinander entfernt liegen, hast du sogar das Glück, dass dich der liebenswürdige schottische Wanderführer auf beiden Touren begleitet. Donald ist ein 70-jähriger Herr, der dich an einen weisen Zauberer aus „Herr der Ringe“ erinnert (mit deutlich kürzeren Haaren und Bart natürlich). Er ist ein wenig ulkig, aber wirklich unterhaltsam. Aber vor allem ist er eins: Vorsichtig!

Als ihr in Scrabster auf die Tour geht, die man auch wirklich gut hätte alleine laufen können, warnt er euch permanent vor den Gefahren, die uns erwarten. Letztendlich führt diese Tour zu einer Felsklippe mit bizarren, durchs Meer geformten Formationen. Beeindruckende Naturgewalten waren hier am Werk und der Wind peitscht über die Landschaft. Hier wurden wohl schon Menschen von den Klippen geweht, daher Donalds Vorsicht. Aber deiner Meinung nach sollte jeder seinen gesunden Menschenverstand immer mit dabeihaben. Ansonsten nennt man sowas „natürliche Auslese“…
Die Shetland-Inseln haben es dir besonders angetan. Doch das Wetter hier oben mitten an der Grenze zwischen Atlantik und Nordsee hat so seine Eigenheiten. Entweder Regen in Form von Bindfäden oder kompletter Nebel, sodass du aus dem Bus höchstens die Zaunpfähle erkennen kannst. Beste Voraussetzung für eine Panoramafahrt.. Aber die Reiseleiter hier sind diesen Kummer wohl gewöhnt, denn alle haben ihre ganz eigene sehr fröhliche Weise, mit den Herausforderungen umzugehen.
„Auf der rechten Seite befindet sich eine große Ortschaft. Diese können Sie leider nicht sehen. Was sie allerdings sehen können, sind die Straßenbegrenzungspfosten und falls sie mitgezählt haben – Seit wir losgefahren sind haben wir bereits 356 davon passiert.“ Britischer Humor halt.
In deinen letzten neun Tagen an Bord begleiten dich deine Mutter und Großmutter auf deiner wortwörtlich letzten Reise. Ihr wart bereits in Schottland und Norwegen zusammen und du bist stolz wie Bolle, den beiden deine Arbeit zu zeigen und freust dich riesig, Zeit mit ihnen zu verbringen.
Am vorletzten Hafen deiner letzten Reise wird dann auch noch ein kleines Träumchen für dich Realität. In Haugesund darfst du Helikopter fliegen.

Nachdem du dich privat mit deinen Kolleginnen bereits in Eidfjord für eine Wasserflugzeug-Tour angemeldet hast, die aufgrund einer dichten Nebelwand abgesagt werden musste, schaffst du es doch noch in die Luft. Ein absolutes Privileg und dann auch noch mit dem Helikopter. Sanft steigt ihr in die Lüfte und fliegt über die Küste. Du weißt gar nicht wo du zuerst hinschauen sollst. Von hier oben wirkt alles so friedlich. Weiter Richtung Landesinneren erreicht ihr die Stadt und fliegt zu guter Letzt auch noch zwei Schleifen über euer Schiff. Als du wieder aussteigst, strahlst du über beide Ohren! Jetzt hast du wirklich alles mitgenommen, was die Firma dir bieten konnte.

Trotzdem fällt dir der Abschied dann doch schwer. Dieser letzte Einsatz war ein voller Erfolg. Du hast dir weder selbst Druck gemacht oder Dinge zu schwergenommen, sondern einfach nur das Beste für dich herausgesucht. Du freust dich über die vielen lieben Menschen, die du (wieder) treffen konntest und bist dankbar für alle unvergesslichen Erlebnisse.
Nach sieben Einsätzen heißt es nun endgültig: End of Exercises. Tschüss Hochseekreuzfahrt.
Das Ende (d)einer Ära!

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